Am 9. November 1989 kulminiert der Zerfall des politischen und wirtschaftlichen Systems der DDR im Fall der Mauer. Zum Legitimationsverlust des Sozialismus hatte neben eingeschränkten Freiheitsrechten nicht zuletzt auch der Versorgungsmangel beigetragen, der vor dem medial verstärkten Hintergrund der westdeutschen Überflussgesellschaft den Unmut in der Bevölkerung wachsen ließ. Die Bilder von der frisch errungenen Freiheit und dem rauschhaften Erleben von Warenfülle und Konsumvielfalt fallen in den Tagen und Wochen nach dem Mauerfall in eins. Es ist denn auch kein Wunder, dass dem Einzelhandel beim Zusammenwachsen der im Oktober 1990 vereinigten beiden deutschen Staaten eine wichtige Rolle zuwächst. Die Etablierung neuer Handelsstrukturen in den fünf neuen Bundesländern vollzieht sich rasch; nicht selten hinkt der Aufbau der modernisierungsbedürftigen innerstädtischen Handelslagen der Nachfrage nach Standorten hinterher. Auch deshalb entstehen viele neue Einkaufszentren auf der sprichwörtlichen Grünen Wiese. Doch der Einzelhandel entwickelt sich binnen weniger Jahre tatsächlich zu einem gesamtdeutschen Wirtschaftsfaktor, wenngleich sich unterschiedliche Konsumpräferenzen in Ost und West noch lange halten.
Friedliche Revolution und Mauerfall – eine kleine Leseprobe.